Im Herbst 2020 begab es sich, dass König Laurin aus dem fernen Rosengarten einen Hilferuf nach Geltendorf sendete: er war völlig frustriert über einen Wikipediaeintrag, in dem zu lesen stand, dass der Name seines wunderschönen Gebirgsstockes nicht auf die Rosen und das Glühen in der Dämmerung zurückzuführen sei, sondern auf das alte Wort „ruza“, das nichts anderes als Schotter und Schutt bedeutete. Und da er von der großen Weisheit des Alpenvereins in Geltendorf gehört hatte, bat er um Rat. So machten sich 9 der Weisen auf, um sich bei einer Vor-Ort-Begehung eine Meinung zu bilden. Um die Reichweite zu vergrößern, nahmen sie die Paolina-Seilbahn zu Hilfe und legten den Aufstieg wie im Flug zurück. Ihr erster Weg führte sie über den Sandtnerpass zur Vajolethütte und was sie zu sehen bekamen waren mächtige und majestätische Türme und steile Felswände. Sogar Drachen schien es zu geben – zumindest tönten nachts gar durchdringende Geräusche in die Hütte.
Doch ach, am nächsten Tag, auf dem Weg vom Grasleitenpass zum Molignon-Pass fanden sie sich wahrhaft in einem Schuttkessel wieder. So steinig und kesslig war der, dass sie sich glatt im kariösen Backenzahn eines Riesen wähnten. Erst als sie endlich den Kesselrand erreichten und zur Tierser Alpl querten, konnte sich das Auge wieder am Grün des Duron-Tals erfreuen. Tapfer erklommen die 9 den Maximilianssteig, um ihren Blick von oben zu schärfen – doch der gehört bereits zum Schlern und erbost schickte der König von der Etsch , ein alter Kontrahent von König Laurin, dichte Nebelschwaden, die ihnen den Ausblick verwehrten. Tapfer meisterten sie den Grat und nahmen Zuflucht in der Grasleitenhütte. Hier sorgte der überaus freundliche Wächter der Hütte für großes Wohlbefinden, indem er nicht nur köstliche Speisen kredenzte, sondern auch warme Duschen feilbot. Solcherlei gestärkt beschlossen die 9 am nächsten Tag, die Kesselkogelüberschreitung zu wagen, die sie bis auf eine Höhe von 3002 m führte. Unter ihnen glitzerte der Antermoria See und die steile Südwand der Marmolada tat ihr Bestes, um Begeisterungsrufe zu ernten. Doch auch die liegt ja nicht mehr im Rosengarten und er Rückweg vom Kesselkogel zur Vajolethütte führte erneut durch schottige Rinnen gespickt mit Murenabgängen. Am Abend berieten die GefährtenInnen auf der Hütte und eine orstkundige Gefährtin schwor Stein und Bein, die Wege seien schottiger denn je. Vielleicht wandele sich der Rosen-Garten langsam in einen Ruza-Garten? König Laurin bekannt für seine jähzornige Art und seine hinterhältigen Tricks, war mit dieser Aussage keineswegs zufrieden. Und so schickte er der Gruppe wallenden Nebel und tiefhängende Wolken, die ihren Rückweg gefährden sollten. Doch schlau wie die GeltendorferInnen sind, brachen sie bereits in der Dämmerung auf und ließen die Rotwand als Gipfel aus – so kamen sie trockenen Fußes und gesund hinunter ins Tal und König Laurin kam nicht umhin, ihnen Respekt zu zollen und in einem kurzen Anflug von Großherzigkeit wünschte er ihnen noch viele schöne Bergtage. Wollen wir hoffen, dass sie sich erfüllen.